Es gibt eine Tarifeinigung für die 2,3 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. „Respektabel“ sei sie, sagte der ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführer Frank Werneke. Um 1,4 Prozent, mindestens aber um 50 Euro, werden die Entgelte zum 1. April 2021 erhöht. Zum 1. April 2022 folgt eine weitere Erhöhung um 1,8 Prozent. Azubis, Dual Studierende und Praktikant*innen bekommen ab den beiden Terminen jeweils 25 Euro mehr.
Drei Punkte seien für ver.di besonders wichtig gewesen, sagte Werneke in der abschließenden Pressekonferenz am Sonntagmittag. In diesen drei Punkten hätte ver.di viel erreicht, der Abschluss sei „maßgeschneidert“ für diese Gruppen. Als erstes nannte er die Aufwertung unterer und mittlerer Einkommen. Der Mindestbetrag bei den Einkommenserhöhungen bedeutet für die unteren Einkommensgruppen eine Erhöhung um bis zu 2,59 Prozent. Zugleich wird die Jahressonderzahlung für die Einkommensgruppen 1 bis 8 auf 84,51 Prozent und damit um fünf Prozentpunkte angehoben. Damit komme ein Beschäftigter der Müllabfuhr mit einem derzeitigen Monatseinkommen von 2822,87 Euro ab April 2022 auf ein Plus von 101,71 Euro, rechnete er vor.
Vereinbart wurde auch die Zahlung einer gestaffelten Corona-Prämie noch in diesem Jahr. Beschäftigte in den Entgeltgruppen 1 bis 8 bekommen einmalig 600 Euro, in den Entgeltgruppen 9a bis 12 gibt es 400 Euro und in den Entgeltgruppen 13 bis 15 einmalig 300 Euro. Auszubildende, Dual Studierende und Praktikant*innen bekommen einmalig 225 Euro, Azubis von Kommunen 200 Euro. Diese Prämie ist steuer- und sozialabgabenfrei, sofern die Beschäftigten damit den Gesamtbetrag von 1500 Euro für Corona-Zulagen nicht überschreiten.
Der zweite Punkt ist die Arbeitszeit. Ab dem 1. Januar 2023 arbeiten die Beschäftigten im Osten Deutschlands eine Stunde weniger und mit 39 Stunden genau so lang wie die Beschäftigten im Westen. Anfang 2022 sinkt die Arbeitszeit im ersten Schritt um eine halbe Stunde.
Die Aufwertung der Arbeit in den Pflegeberufen ist für Werneke. Für die Pflegekräfte wurden gesonderte Gehaltssteigerungen vereinbart. Ab März 2021 wird eine Pflegezulage von 70 Euro gezahlt, die ein Jahr später auf 120 Euro erhöht wird. Die Zulage in der Intensivmedizin wird mehr als verdoppelt auf 100 Euro monatlich, die Wechselschichtzulage steigt von 105 auf 155 Euro monatlich. In den Betreuungseinrichtungen wie Altenheimen wird die Pflegezulage mit einem Plus von 25 Euro auf Gleichstand mit den kommunalen Krankenhäusern gebracht. Eine Pflegefachkraft im Krankenhaus, die derzeit noch ein Einkommen von 3.539,56 Euro im Monat hat, wird zukünftig einschließlich aller vereinbarten Zulagen bis zu 300 Euro mehr verdienen.
Ärzte in den Gesundheitsämtern erhalten ab März 2021 eine Zulage von 300 Euro monatlich. Beschäftigte, die in einer Gesundheitsbehörde überwiegend bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie eingesetzt waren, haben zwei Jahre lang für jeden entsprechenden Monat Anspruch auf eine Sonderprämie von 50 Euro.
„Das außergewöhnlich hohe Engagement der Beschäftigten in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes und die Warnstreiks der letzten Wochen haben die Dringlichkeit einer schnellen Einigung aufgezeigt. Sie waren kurz, für manche in der Bevölkerung schmerzhaft, aber auch notwendig, wie sich gezeigt hat“, sagte Werneke. Ohne Warnstreiks hätte es die notwendige Bewegung in den Tarifverhandlungen nicht gegeben.
Die von den Arbeitgebern geforderten Regelungen zur Abgruppierung in vielen Bereichen konnten abgewendet werden. Für Flughäfen können künftig Notlagen-Tarifverträge vereinbart werden, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Die tarifvertraglichen Regelungen zur Sicherstellung der Übernahme der Auszubildenden wird ebenso fortgeschrieben wie der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit. Die Neubewertung von Arbeitsvorgängen, die die Arbeitgeber lange Zeit in den Verhandlungen durchsetzen wollten, konnte ver.di auch abwenden. Sie hätte nach Einschätzung der Gewerkschaft zu Abgruppierung und damit zur schlechteren Bezahlung von Tätigkeiten führen können.
Energisch gekämpft haben die Gewerkschafter*innen auch um den Erhalt der Sparkassensonderzahlung. Die Arbeitgeber wollten sie abschmelzen. Mehr als 20.000 Sparkassenbeschäftigte waren daher bei den Warnstreiks und Aktionen im Vorfeld der Verhandlungen mit auf der Straße. Auch ihr Widerstand hatte Erfolg: Bei den Angestellten der Sparkassen wird künftig ein Teil der Sparkassensonderzahlung in freie Tage umgewandelt. „Ich bin zufrieden, dass wir dort keine generelle Absenkung hinnehmen mussten“, sagte Udo Alpers von der Sparkasse Stade – Altes Land. Die vereinbarte Absenkung hat den Gegenwert eines zusätzlichen freien Tages, weitere freiwillige freie Tage können über Dienstvereinbarungen ermöglicht werden.
In der Pressekonferenz hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer, CSU, angekündigt, den Abschluss wirkungsgleich auf die Beamt*innen zu übertragen.
Am Morgen des 25. Oktobers hatte die Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst nach langen Diskussionen das mit den Arbeitgebern ausgehandelte Einigungspapier zur Annahme empfohlen. Voraussichtlich vom 2. bis zum 20. November sollen in landesbezirklichen Videokonferenzen die Mitglieder aus dem Öffentlichen Dienst die Einigung diskutieren. Am 24. November tagt die Bundestarifkommission erneut. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2022.