Tarifrunde ÖD 2020

Applaus alleine reicht nicht!

Tarif- und Besoldungsrunde öffentlicher Dienst Bund und Kommunen 2020
02.09.2020


Abstand und Entschlossenheit beim Auftakt der Tarifrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen

Bereits vor 11 Uhr ist das Abstandsband angeknotet. In Corona-Zeiten steht es für eine besondere Tarifrunde. „Wir halten den Laden am Laufen. Jetzt seid ihr dran“, steht auf dem Band. Die ersten, die sich an diesem ersten Verhandlungstag auf dem Platz vor dem Kongresshotel „Am Templiner See“ in Potsdam aufreihen, sind die Sparkassen-Beschäftigten. Jule Grunau ist eine von ihnen. „Der oberste Verhandlungsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Ulrich Mädge, ist bei uns in Lüneburg Oberbürgermeister. Er will nicht nur eine Nullrunde, er will uns auch Geld wegnehmen“, sagt sie. „Bei uns geht es um die Sparkassen-Sonderzahlung“, bestätigt Andreas C. aus Sachsen. Und Janina D. ergänzt: „Wir sind systemrelevant und wir wollen mehr Lohn.“

Für Intensivpflegekraft Heike geht es ebenfalls um den gerechten Lohn und die Anerkennung ihrer Leistung. Sie steht im Schutzkittel vor dem Verhandlungshotel, trägt Maske, Visier, Haarhaube und Handschuhe, um zu zeigen, wie belastend sie ihren Arbeitsalltag bewältigen muss. „Wir wollen keinen symbolischen Händedruck oder Lavendelsträuße wie in Rheinland-Pfalz“, sagt sie. „Wir retten Leben, tagtäglich und nicht symbolisch. Und das unter großer Anstrengung. Deshalb wollen wir mehr Geld, mehr Entlastungstage und Zulagenentschädigung. Für die Arbeit, die wir sowieso schon ohne Corona leisten, und die sich durch Corona jetzt ins Unermessliche gesteigert hat.“

Der ver.di-Vorsitzende, Frank Werneke, kündigt an, dass besondere Verhandlungen unter besonderen Bedingungen bevorstünden. Aber: „Wegen Corona kann es keine Pause in der Tarifpolitik geben und auch keine Lohnpause in Deutschland. Das wäre schlecht für die wirtschaftliche Entwicklung.“ Im öffentlichen Dienst sei viel geleistet worden, betont er, auch in den Sparkassen, damit die kleinen und mittleren Unternehmen liquide bleiben konnten. Die Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern, in den Jobcentern, den Agenturen für Arbeit und überall im öffentlichen Dienst hätten viel geleistet. „Applaus alleine reicht nicht. Wir wollen Wertschätzung und Anerkennung und dazu gehört eine ordentliche Lohnentwicklung.“ „Unerträglich“ nennt er die Situation, dass 30 Jahre nach der Wiedervereinigung noch Unterschiede bei den Arbeitszeiten bestehen. Dieser Unmut ist auch auf den Schildern der Sparkassenbeschäftigten aus Thüringen zu sehen: „30 Jahre Ungleichheit. Zum Kämpfen sind wir jetzt bereit!“, steht darauf.

2,3 Millionen Tarifbeschäftigte werden direkt von dem Verhandlungsergebnis betroffen sein. Zusätzlich soll das Ergebnis auf über 200.000 Beamtinnen und Beamte und weitere Gruppen übertragen werden. Doch die Positionen liegen weit auseinander. „Der Verhandlungsauftakt war enttäuschend“, sagt der ver.di-Vorsitzende am Ende des Tages. Zwar hätten die Arbeitgeber freundliche Worte für die Leistung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gefunden, ein faires Angebot für Lohnsteigerungen sei jedoch nicht in Sicht. „Sie jammern über eine angeblich angespannte Kassenlage bis 2023 und streben eine lange Laufzeit für einen Tarifvertrag an." Für ver.di sei die Leistung der Beschäftigten der Ausgangspunkt für die Verhandlungen, betonte Werneke.
ver.di fordert für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen eine Anhebung der Einkommen um 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro pro Monat, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 100 Euro pro Monat angehoben werden. Erwartet wird die Ost-West-Angleichung der Arbeitszeit. Darüber hinaus soll das Thema der Entlastung der Beschäftigten behandelt werden. Die besonderen Themen des Gesundheitswesens und der Pflege sollen an einem eigenen Verhandlungstisch im Rahmen der Tarifrunde eingebracht werden und auch die Themen der Sparkassenbeschäftigten.

 

 

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