ver.di Baden-Württemberg hat heute den Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn für seine erneute Einmischung in die Warnstreiks scharf kritisiert. Nachdem Kuhn bereits die streikenden ÖPNV-Beschäftigten kritisiert hatte, warf er ver.di gestern Verantwortungslosigkeit vor, weil jetzt im Klinikum gestreikt wird.
Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter: „Kuhns Vorwürfe sind langsam zynisch. Warnstreiks im ÖPNV hätte er verhindern können, wenn er beim KAV als Vertreter des größten Betriebs, der SSB, dafür gesorgt hätte, die von ver.di angebotene Streikpause anzunehmen. Jetzt streiken wir im kommunalen Nahverkehr aus Rücksicht auf die Bevölkerung nicht im Fahrdienst, und seine SSB wollte am Mittwoch die Kundinnen und Kunden der Omnibusse kurzerhand und ohne Rücksprache mit ver.di aussperren. Das konnten wir heute noch verhindern.“
Die Gewerkschaft hat heute Vormittag mit der SSB die Notdienstvereinbarung so erweitert, dass Ausfälle im Omnibusverkehr am Mittwoch verhindert werden.
Wie in allen Warnstreiks in Kliniken hat ver.di auch in Stuttgart selbstverständlich eine Notdienstvereinbarung mit der Klinikgeschäftsführung abgeschlossen.
"Und auch Kuhn weiß: Sein Klinikum arbeitete bereits mit Abwerbeprämien, weil sie auf dem freien Markt zu den jetzigen Konditionen nicht ausreichend Fachkräfte gewinnen können. Bevor er seine eigenen Beschäftigten wiederholt angreift, sollte er lieber seinen Arbeitgeberverband endlich zur Ordnung rufen", so Gross.
Heute sind insgesamt über 5.000 Beschäftigte im Ausstand aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Bestreikt werden Stadtverwaltungen, Müllabfuhr, Kliniken, Kitas und viele weitere Dienststellen.
In Karlsruhe auf der ersten Silent-Kundgebung im Land sagte Martin Gross heute Vormittag bei der Menschenkette: „Auch die Beschäftigten der Sparkassen sind Teil der breiten Warnstreikbewegung im Land. Weil ihre Einkommen sogar gekürzt werden sollen, während ihre Vorstände mit die höchsten Gehälter im öffentlichen Dienst beziehen.
Warnstreiks finden in Baden-Württemberg von Montag bis Mittwoch nach ver.di Bezirken sortiert wie folgt statt:
Tarifrunde im öffentlichen Dienst:
ver.di fordert für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen eine Anhebung der Einkommen um 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro pro Monat, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 100 Euro pro Monat angehoben werden. Erwartet wird die Ost-West-Angleichung der Arbeitszeit. Darüber hinaus soll in den Tarifverhandlungen das Thema der Entlastung der Beschäftigten behandelt werden. Die besonderen Themen des Gesundheitswesens und der Pflege werden an einem eigenen Tisch im Rahmen der Tarifrunde besprochen.
Die dritte Runde der Verhandlungen ist für den 22./23. Oktober 2020 erneut in Potsdam angesetzt.
In Baden-Württemberg arbeiten nach Zahlen des Statistischen Landesamtes (Stichtag: 30.6.2019) 219.550 Tarifbeschäftigte bei den Kommunen. Etwa 66 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, die Teilzeitquote beträgt rund 43 Prozent (insgesamt inklusive Beamt*innen). Im Jahr 2000 lag die Teilzeitquote noch bei 34 Prozent. Außerdem haben die bundesweiten Verhandlungen unter anderem Auswirkungen auf den Verlauf der Tarifrunde von rund 10.000 Beschäftigten bei der Agentur für Arbeit und über 3.000 Beschäftigten bei der Deutschen Rentenversicherung im Land.