An den Warnstreiks im öffentlichen Dienst haben heute in Stuttgart, Heilbronn, Karlsruhe, Mannheim und Tettnang rund 5.000 Beschäftigte teilgenommen. In der parallel laufenden Tarifrunde im kommunalen Nahverkehr legten weitere 3.000 Beschäftigte in Stuttgart, Heilbronn, Karlsruhe und Baden-Baden die Arbeit nieder.
In der Landeshauptstadt Stuttgart waren alle Bereiche des öffentlichen Dienstes aufgerufen: Kitas, Stadtverwaltung, Müllabfuhr, Kliniken und viele weitere Dienststellen. An der Kundgebung im Stuttgarter Stadtgarten nahmen rund 2.000 Streikende teil. Für die strenge Einhaltung der Corona-Regeln wurde auf die geplante Abschlusskundgebung verzichtet, der Demonstrationszug durch die Innenstadt findet zur Stunde mit Abstands-Clustern statt. Die Streikenden bei SSB (Tarifrunde TV-N) und AWS blieben an ihren jeweiligen Standorten. In Heilbronn wurden insgesamt vier Kundgebungen als Staffel hintereinander durchgeführt.
Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter, sagte bei der Auftaktkundgebung im Stadtgarten an die Arbeitgeber gewandt: „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Der Plan, einen billigen Abschluss ohne Gegenwehr im Corona-Herbst durchzudrücken, ist gescheitert. Wir erwarten jetzt ein Angebot, das sich nicht hinter Corona versteckt, sondern die Leistungen der Kolleginnen und Kollegen in der Pandemie berücksichtigt.“
Im kommunalen Nahverkehr (TV-N, TVV und Haustarifvertrag RNV) werden heute vier von neun Betrieben in Baden-Württemberg ganztägig bestreikt: Um die VKA endlich zu bundesweiten Verhandlungen über Standards im ÖPNV zu bewegen. Im Land findet morgen die dritte Verhandlungsrunde TV-N im SSB-Waldaupark ab voraussichtlich elf Uhr statt. Bisher gab es hier statt einem Angebot nur einen Katalog mit Gegenvorschlägen zur Finanzierung.
Andreas Schackert, ver.di Verhandlungsführer im Land, sagte auf der Kundgebung in Karlsruhe: „Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen im ÖPNV im Bund und im Land. Und zwar jetzt und nicht irgendwann nach Corona. Die absolut richtigen Schritte, die derzeit in der Klimapolitik gemacht werden, sind ohne eine echte Mobilitätswende nicht zu schaffen. Dafür brauchen wir die Fahrerinnen und Fahrer.“
Tarifrunde im öffentlichen Dienst:
ver.di fordert für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen eine Anhebung der Einkommen um 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro pro Monat, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 100 Euro pro Monat angehoben werden. Erwartet wird die Ost-West-Angleichung der Arbeitszeit. Darüber hinaus soll in den Tarifverhandlungen das Thema der Entlastung der Beschäftigten behandelt werden. Die besonderen Themen des Gesundheitswesens und der Pflege werden an einem eigenen Tisch im Rahmen der Tarifrunde besprochen.
Die dritte Runde der Verhandlungen ist für den 22./23. Oktober 2020 erneut in Potsdam angesetzt.
In Baden-Württemberg arbeiten nach Zahlen des Statistischen Landesamtes (Stichtag: 30.6.2019) 219.550 Tarifbeschäftigte bei den Kommunen. Etwa 66 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, die Teilzeitquote beträgt rund 43 Prozent (insgesamt inklusive Beamt*innen). Im Jahr 2000 lag die Teilzeitquote noch bei 34 Prozent. Außerdem haben die bundesweiten Verhandlungen unter anderem Auswirkungen auf den Verlauf der Tarifrunde von rund 10.000 Beschäftigten bei der Agentur für Arbeit und über 3.000 Beschäftigten bei der Deutschen Rentenversicherung im Land.
Tarifrunde im kommunalen Nahverkehr:
ver.di fordert in dem Tarifkonflikt für bundesweit 87.000 Beschäftigte einheitliche Regelungen in Fragen wie Nachwuchsförderung, Entlastung sowie den Ausgleich von Überstunden und Zulagen für Schichtdienste. Darüber hinaus soll die Ungleichbehandlung in den Bundesländern beendet und zentrale Regelungen wie 30 Urlaubstage oder Sonderzahlungen künftig bundesweit vereinheitlicht werden. Mit einer Forderung für Auszubildende sollen Anreize zum Einstieg in den Beruf und zur Nachwuchsförderung geschaffen werden. Seit März fordert die Gewerkschaft hierzu die Verhandlung eines bundesweiten Rahmentarifvertrages. Die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hat sich gegen die Aufnahme von Verhandlungen ausgesprochen.
Neben den bundesweiten Forderungen werden in den Ländern weitere Themen verhandelt. In Baden-Württemberg geht es dabei um die Arbeitsbedingungen von rund 8.600 Beschäftigten. Im TV-N geht es daneben auch um kürzere Arbeitszeiten, bei der RNV um die Aufwertung der gewerblichen Berufe. Bisher gab es dazu im Bereich TV-N nach zwei Verhandlungsrunden noch kein Angebot. Auch bei der RNV lehnte der Arbeitgeber gestern in der dritten Verhandlungsrunde wichtige Forderungen weiter kategorisch ab.