Um Bewegung in die stockenden Verhandlungen zu einem Zukunftspaket für die vier Unikliniken zu bringen, hat ver.di erstmals in dieser Runde zu mehrtägigen Warnstreiks aufgerufen. In Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm streiken heute und morgen rund 1.800 Beschäftigte. In Ulm hatten die Arbeitsniederlegungen schon am gestrigen Mittwoch begonnen.
Wegen der Arbeitsniederlegungen kommt es zu erheblichen Auswirkungen auf den Klinikbetrieb. Insgesamt sind mehrere Hundert Betten nicht belegt, Tageskliniken sind praktisch zu, bis zur Hälfte der geplanten Operationen fällt aus. Über Notdienstvereinbarungen ist eine sichere Versorgung der Patient:innen gewährleistet. Die Streikenden protestieren zur Stunde auf Kundgebungen vor Ort.
Jakob Becker, ver.di Verhandlungsführer: „Die einzig richtige Antwort auf den Fachkräftemangel und die personellen Engpässe in den Unikliniken sind bessere Arbeitsbedingungen. Entlastung und mehr Zeitsouveränität sind die Zauberformel, um Beschäftigte aus der Teilzeit zurückzugewinnen und für junge Leute attraktiver zu werden. Unsere Vorschläge für ein Zukunftspaket sind realistisch und mit Augenmaß für die Situation in den Unikliniken erarbeitet worden. Denn sie kommen von unseren Mitgliedern, die einen genauen Blick darauf haben, was geht und was nicht.“
In einer Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen, des Instituts Arbeit und Technik Gelsenkirchen und der Arbeitskammer des Saarlands hatten 88,2 Prozent der ausgestiegenen Pflegekräfte einen Wiedereinstieg unter den für sie richtigen Arbeitsbedingungen nicht ausgeschlossen, ebenso wie knapp 70 Prozent der Teilzeitpflegekräfte eine Stundenerhöhung.
ver.di weist den in den Verhandlungen zum wiederholten Mal von den Arbeitgebern erhobenen Vorwurf, Entlastungstarifverträge würden Krankenhäuser in die Verluste treiben, zurück: „Verluste machen Kliniken mit und ohne Tarifverträge. Die strukturelle Unterfinanzierung sorgt für rote Zahlen und nicht die tarifpolitische Notwehr gegen Überlastung“, so Becker.
Nachdem es in der zweiten Verhandlungsrunde zu Entgelt und Lebensphasenorientierung am 4. Juni sowie sieben weiteren Runden zu Entlastung und Ausbildungsqualität lediglich zur Bezahlung ein erstes unzureichendes Angebot gibt, hat ver.di in dieser Woche zu mehrtägigen Warnstreiks an den vier Unikliniken Freiburg, Heidelberg, Ulm und Tübingen aufgerufen. Damit will die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeber deutlich erhöhen, bevor am 17. Juni zum dritten Mal in großer Runde über das geforderte Zukunftspaket weiterverhandelt wird.
In dieser Tarifrunde wollen die ver.di Mitglieder die Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessern, um Personal zu binden, dem Mangel an Fachkräften zu begegnen und den zukünftigen Bedarf an Gesundheitspersonal durch eine immer älter werdende Gesellschaft zu decken.
Das Entgelt-Angebot sieht bei einer Laufzeit von 28 Monaten eine Inflationsausgleichsprämie von 1.050 Euro sowie Entgeltsteigerungen von vier Prozent erst im Jahr 2025 und von weiteren drei Prozent in 2026 vor. Die Einführung eines Lebensphasenkontos lehnen die Arbeitgeber bisher ab. Ebenso ein Wahlmodell zwischen Zeit und Geld. Am 17. Juni ist der nächste Verhandlungstermin zum Entgelt, über Ausbildungsqualität wird am Freitag nochmals verhandelt.
Zum Thema Entlastung fanden inzwischen fünf Runden und zur Ausbildungsqualität zwei Runden statt. Weiteres wichtiges Verhandlungsthema ist die lebensphasenorientierte Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Insgesamt sind für diese größte Tarifrunde seit 2005, als der eigenständige Tarifvertrag für die vier Landeskliniken erstmals vereinbart wurde, bisher 13 Verhandlungstermine angesetzt.