Tarifrunde Uniklinika BaWü

Tage der Entscheidung an den Unikliniken Baden-Württembergs

Von Montag, 1.Juli bis Mittwoch, 3.Juli ruft ver.di zum dreitägigen Warnstreik an der Uniklinik Freiburg auf
01.07.2024
Tarifrunde Uniklinika BaWü

Streikdemo am Dienstag, 2.Juli ab 12:30h

Mehrere hundert Streikende aus allen Berufsgruppen erwartet, mehrere Stationen ganz geschlossen, Bettenbelegung und OP-Programm stark reduziert, Notdienst gesichert, Uniklinik läuft nur noch auf Wochenendniveau, planbare Eingriffe werden verschoben

Entscheidende Verhandlungen am Dienstag und Mittwoch in Stuttgart

Der Tarifkonflikt an den Unikliniken steht vor der entscheidenden Woche. Ab Montag ruft ver.di zum dritten Mal in der laufenden Runde an der Uniklinik Freiburg zum Warnstreik auf. Gestreikt wird an drei Tagen von Montag bis einschließlich Mittwoch, auch in Heidelberg, Tübingen und Ulm. Damit wollen die Gewerkschaftsmitglieder mit maximalem Druck in den vorerst letzten Verhandlungstermin am 3. Juli gehen, um Urabstimmung und unbefristete Streiks zu vermeiden. Bis jetzt verweigern die Arbeitgeber ein Zukunftspaket für die Beschäftigten, das neben mehr Geld auch Zeitregelungen zur Entlastung und eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen enthält.

An den drei Warnstreiktagen müssen streikbedingt an der Uniklinik Freiburg 4 Stationen zeitweise vollständig geschlossen werden. 25 Stationen werden teilweise geschlossen, insgesamt können rund 200 bis 240 Betten streikbedingt nicht belegt werden. Auch vier Intensivstationen sind betroffen. Das geplante OP-Programm muss für drei Tage erneut um gut 50% reduziert werden. Planbare Aufnahmen und planbare Maßnahmen können an den Streiktagen nicht stattfinden und müssen verschoben werden. Die Uniklinik Freiburg läuft nur noch auf Wochenendniveau. Insbesondere am Dienstag ist mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen.  Über eine Notdienstvereinbarung ist eine sichere Versorgung aller Patientinnen und Patienten gewährleistet

Ablauf an den Warnstreiktagen an der Uniklinik Freiburg

Montag, 1.Juli 2024

7:00h Streiklokal Uniklinik, Hörsaal Killianstrasse geöffnet

9.00h Streikvollversammlung, anschließend Workshops, Bereichsvernetzungen

12:30h: Kundgebung vor dem Hörsaal Killianstrasse

Dienstag, 2.Juli 2024

Azubis gestalten das Streikprogramm für diesen Tag.

7:00h Streiklokal Uniklinik, Hörsaal Killianstrasse geöffnet

9.00h Streikvollversammlung, anschließend Workshops, Bereichsvernetzungen

12:30h: Kundgebung vor dem Hörsaal Killianstrasse, anschließend Demo in die Innenstadt zum Augustinerplatz
ca. 13:30h: Abschlusskundgebung auf dem Augustinerplatz

Mittwoch, 3.Juli 2024

7:00h Streiklokal Uniklinik, Hörsaal Killianstrasse geöffnet, Streikcafé

Von allen vier Unikliniken starten Streikende mit Bussen zum Verhandlungsort nach Stuttgart. Freiburg: Abfahrt 7:00hh Killianstrasse.


In dieser Tarifrunde wollen die ver.di Mitglieder die Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessern, um Personal zu binden, dem Mangel an Fachkräften zu begegnen und den zukünftigen Bedarf an Gesundheitspersonal durch eine immer älter werdende Gesellschaft zu decken. 

Das neue Entgelt-Angebot vom 17. Juni sieht bei einer Laufzeit von 24 Monaten eine Inflationsausgleichsprämie von 1.050 Euro (für Azubis 1.505 Euro) sowie Entgeltsteigerungen von im Schnitt vier Prozent (80 Euro Festbetrag plus zwei Prozent) im Oktober 2024 und von weiteren drei Prozent im Januar 2026 vor bzw. für die Azubis 60 Euro in 2025 und 45 Euro in 2026.

Die Einführung eines Lebensphasenkontos lehnen die Arbeitgeber bisher ab. Ebenso ein Wahlmodell zwischen Zeit und Geld. Stattdessen haben sie einen „Fonds für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen“ angeboten in Höhe von einmalig zehn Millionen Euro, der über die Laufzeit von zwei Jahren damit je Beschäftigten im Schnitt knapp 16 Euro pro Monat enthalten würde. 

Am 3. Juli ist der nächste Verhandlungstermin zum Entgelt. Über Entlastung wird bereits am 2. Juli nochmals verhandelt, dort ist vor allem die Frage der Ausgleichsregelungen für unterbesetzte Schichten noch strittig. Bei den Verhandlungen zur Ausbildungsqualität geht es vor allem noch um den Umfang der Praxisanleitung.

Zum Thema Entlastung fanden inzwischen fünf Runden und zur Ausbildungsqualität drei Runden statt. Weiteres wichtiges Verhandlungsthema ist die lebensphasenorientierte Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Insgesamt sind für diese größte Tarifrunde seit 2005, als der eigenständige Tarifvertrag für die vier Landeskliniken erstmals vereinbart wurde, bisher 13 Verhandlungstermine angesetzt.

Zitate

Ulrike Stein, MTA an der Uniklinik und Mitglied der ver.di-Verhandlungskommission erklärt:
„Belastende Arbeitsbedingungen führen zur Flucht in die Teilzeit und diese unnötige Verknappung von Personal verschärft die Situation weiter. Wir müssen diesen Teufelskreis im Jahr 2024 endlich durchbrechen. Eine nachhaltige Verbesserung der Personalsituation wird nur mit einer nachhaltigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen gelingen.“

Jürgen Gißler, Anästhesiepfleger an der Uniklinik und Mitglied der ver.di-Verhandlungskommission ergänzt:
„Wir haben mit unserem geforderten Zukunftspaket realistische Vorschläge gemacht. Leider stehen sich die Arbeitgeber bei allen Regelungen zu Zeit und Wahlmodellen selbst im Weg. Wir legen ab Montag nochmal eine Schippe drauf, um den Tarifkonflikt mit einer zukunftsfähigen Lösung zu beenden.“

Johanna Schramm, Auszubildende an der Uniklinik und Mitglied der Jugendtarifkommission:
„Die Azubis sind die Fachkräfte von morgen. Darum brauchen wir eine kräftige Erhöhung der Ausbildungsentgelte und eine Verbesserung der Ausbildungsqualität.“

Franziska Pfab, Gewerkschaftssekretärin bei ver.di Südbaden Schwarzwald:
„Es ist beeindruckend, dass so viele Beschäftigte der Uniklinik sich für das Zukunftspaket stark machen und streiken. Jetzt sind die Arbeitgeber am Zug, bevor es zu einer ernsten Eskalation kommt. Parallel bereiten wir uns auch auf eine Urabstimmung vor.“

Weitere Informationen:

Auf der Grundlage einer Befragung, an der gut 4.000 Beschäftigte teilgenommen hatten, hat die ver.di-Tarifkommission am 17. April folgende Forderungen für die Tarifverhandlungen beschlossen.

Entgelt:

Erhöhung der Entgelte um elf Prozent, mindestens 500 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten, sowie 250 Euro mehr im Monat für Auszubildende, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Lebensphasenorientierung:

Einführung eines Lebensphasenkontos für alle Beschäftigten und Auszubildenden. Hierauf werden vom Arbeitgeber jedes Jahr fünf Lebensphasentage eingebracht, zusätzlich soll es weitere Möglichkeiten geben, das Konto zu befüllen. Die Beschäftigten sind frei in der Entscheidung, wie sie diese verwenden.

Tarifvertrag Entlastung Pflege:

Festlegung von Mindestpersonalausstattungen für alle Pflegeorganisationsbereiche. Vereinbarung eines Verfahrens zur Feststellung von Belastungssituationen und entsprechende Regelungen zum Belastungsausgleich (ein Tag für drei unterbesetzte Schichten, sowie Berücksichtigung von weiteren messbaren Faktoren: zum Beispiel Holen aus dem Frei, Übergriffe gegenüber Beschäftigten), wenn tarifvertragliche Vorgaben nicht eingehalten werden.

Ausbildungsqualität:

Sicherstellung der Praxisanleitung durch frühzeitige Planung und höheren Umfang sowie verlässliche Regelungen zur Freistellung während der Praxisanleitung. Tarifliche Ausbildungsqualität auch für Physios und MT-Berufe

Für die vier baden-württembergischen Uniklinika in Ulm, Tübingen, Heidelberg und Freiburg gilt ein eigener, mit dem Arbeitgeberverband Uniklinika abgeschlossener Tarifvertrag, von dem über 26.000 Beschäftigte an den vier Kliniken betroffen sind. Die Ärzt:innen fallen unter den Tarifvertrag Ärzte Länder, das wissenschaftliche Personal als Landesbeschäftigte unter die Tarifbestimmungen des Landes.