Der Tarifkonflikt an den Uniklinken Baden-Württembergs verschärft sich. Unmittelbar vor der zweiten Entgelt-Verhandlungsrunde ruft ver.di an den der Uniklinik Freiburg zu einem Warnstreik auf. Gestreikt wird am Montag, 3.Juni. Damit will ver.di den Druck erhöhen, um endlich ein verhandlungsfähiges Angebot auf den Tisch zu bekommen. Es werden mehrere hundert Streikende erwartet. Zur Sicherung des Notdienstes haben ver.di und Klinikumsvorstand eine Notdienstvereinbarung abgeschlossen, eine sichere Versorgung der Patient:innen ist gewährleistet.
Ablauf:
ver.di ruft in der Tarifrunde für die rund 30.000 Beschäftigten der vier Unikliniken Freiburg, Heidelberg, Ulm und Tübingen an allen vier Standorten zu einem ersten Warnstreik auf. Am Dienstag, 4. Juni, werden die Entgeltverhandlungen fortgesetzt. Zum Thema Entlastung im Pflegebereich fanden inzwischen vier Runden statt. Weitere Verhandlungsthemen sind Lebensphasenorientierung und Ausbildungsqualität. Insgesamt sind für diese größte Tarifrunde seit 2005, als der eigenständige Tarifvertrag für die vier Landeskliniken erstmals vereinbart wurde, 16 Verhandlungstermine angesetzt. Ein Angebot der Arbeitgeber gibt es bisher nicht.
Forderungen:
Auf der Grundlage einer Befragung, an der gut 4.000 Beschäftigte teilgenommen hatten, hat die ver.di-Tarifkommission am 17. April folgende Forderungen für die Tarifverhandlungen beschlossen.
Entgelt:
Erhöhung der Entgelte um elf Prozent, mindestens 500 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten, sowie 250 Euro mehr im Monat für Auszubildende, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Lebensphasenorientierung:
Einführung eines Lebensphasenkontos für alle Beschäftigten und Auszubildenden. Hierauf werden vom Arbeitgeber jedes Jahr fünf Lebensphasentage eingebracht, zusätzlich soll es weitere Möglichkeiten geben, das Konto zu befüllen. Die Beschäftigten sind frei in der Entscheidung, wie sie diese verwenden.
Tarifvertrag Entlastung Pflege:
Festlegung von Mindestpersonalausstattungen für alle Pflegeorganisationsbereiche. Vereinbarung eines Verfahrens zur Feststellung von Belastungssituationen und entsprechende Regelungen zum Belastungsausgleich (ein Tag für drei unterbesetzte Schichten, sowie Berücksichtigung von weiteren messbaren Faktoren: zum Beispiel Holen aus dem Frei, Übergriffe gegenüber Beschäftigten), wenn tarifvertragliche Vorgaben nicht eingehalten werden.
Ausbildungsqualität:
Sicherstellung der Praxisanleitung durch frühzeitige Planung und höheren Umfang sowie verlässliche Regelungen zur Freistellung während der Praxisanleitung. Tarifliche Ausbildungsqualität auch für Physiotherapeut:innen und MT-Berufe
Zitate:
Ulrike Stein, MTA an der Uniklinik und Mitglied der ver.di-Verhandlungskommission erklärt:
„Die Verhandlungen lassen mich ratlos zurück. Wir mussten uns ständig erklären zu unseren Forderungen. Aber klar ist, so wie es derzeit ist, kann es nicht weiter gehen. Wir fordern nichts anderes als ein Zukunftspaket für die Unikliniken.“
Jürgen Gißler, Anästhesiepfleger an der Uniklinik und Mitglied der ver.di-Verhandlungskommission ergänzt:
„Wir müssen der Flucht aus dem Beruf oder in Teilzeit und der Arbeitsbelastung etwas entgegensetzen. Wertschätzung drückt sich auch darin aus auf unsere berechtigten Forderungen am Verhandlungstisch einzugehen.“
Aurelie Sassou, Auszubildende an der Uniklinik und Mitglied der Jugendtarifkommission:
„Ich bin enttäuscht vom Verlauf der Verhandlungen. Auf die Forderungen der Auszubildenden sind die Arbeitgeber:innen gar nicht eingegangen. Es geht uns darum, die Ausbildung zu verbessern und uns als Fachkräfte zu gewinnen.“
Ingo Busch, Gewerkschaftssekretär ver.di Südbaden Schwarzwald:
„Die Arbeitgeber:innen sahen sich bisher nicht in der Lage, auch nur zu einem Punkt unserer Forderungen ein konkretes Angebot vorzulegen. Wir wollen eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen erreichen. So könnten neue Kolleg:innen für die Unikliniken gewonnen werden und die dringend notwendige Entlastung erreicht werden.“
Franziska Pfab, Gewerkschaftssekretärin bei ver.di Südbaden Schwarzwald:
„Eigene Ideen, wie sie den gravierenden Fachkräftemangel begegnen wollen, hatten die Arbeitgeber bisher keine im Gepäck. Nach mehreren Verhandlungsrunden ist klar: Unsere guten Argumente werden diese Arbeitgeber nicht überzeugen. Dann müssen wir sie anders in Bewegung bringen.“
Hintergrund:
Für die vier baden-württembergischen Uniklinika in Ulm, Tübingen, Heidelberg und Freiburg gilt ein eigener, mit dem Arbeitgeberverband Uniklinika (AGU) abgeschlossener Tarifvertrag, von dem rund 30.000 Beschäftigte an den vier Kliniken betroffen sind. Die Ärzt:innen fallen unter den Tarifvertrag Ärzte Länder, das wissenschaftliche Personal als Landesbeschäftigte unter die Tarifbestimmungen des Landes.